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Abstraktes Bild türkis und orange

Eine bestimmte Stelle innerhalb des Londoner Hydeparks ist seit Generationen der öffentlichen Rede gewidmet. Der Speakers Corner. Ein Speaker ist eine Person, die in der Öffentlichkeit zu einem bestimmten Thema ihre Meinung äußert. Die Spaziergänger können den Äußerungen zuhören, ihnen Widersprechen, neue Diskussionen anregen oder einfach weitergehen. 

Diese freie Meinungsäußerung von jedermann findet dort seit 1872 statt und ist längst zu einer Tradition des Londoner Stadtbildes geworden. In vielen Reiseführern ist ein Hinweis auf den Speakers Corner (deutsch: Rednerecke) im Londoner Hydepark zu finden. Bis zum Ende des 18. Jahrhunderts fanden an diesem Ort öffentliche Hinrichtungen statt. Die Verurteilten durften auf dem Schafott, also kurz vor ihrer Hinrichtung, noch etwas sagen. Es ist anzunehmen, dass deshalb hundert Jahre später dieser Ort vom britischen Parlament für die freie Rede ausgewählt wurde.

Speakers Corner und die Meinungsfreiheit

Neben den unzähligen Unbekannten haben auch Personen der Weltgeschichte hier vor Publikum gesprochen. Zu nennen sind Karl Marx, Wladimir Iljitsch Lenin, Mahatma Ghandi oder George Orwell. Grundsätzlich kann jeder zu jedem beliebigen Thema seine Meinung äußern, sei es über Politik, Sport, Kunst, Religion oder Wirtschaft.  Für Touristen wie für Einheimische ist der Speakers Corner vor allem an den Wochenenden ein gut besuchter Ort. Viele Speaker, also Redner, bringen von zuhause ihre eigenen kleinen Trittleitern mit, auf die sie sich stellen. In dieser erhöhten Position haben die Redner einen guten Überblick und halten ihre Reden.

Vor dem Aufkommen der sozialen Medien hatte der Speakers Corner weit mehr Zulauf als heutzutage. Viele Debatten und Diskussionen haben sich längst in das Internet verlagert, weshalb der Speakers Corner an Bedeutung verloren hat. Viele veröffentlichen heutzutage lieber auf den sozialen Plattformen ihre Meinungen und Ansichten. Wer als Speaker im Hydepark seine Meinung kundtut, ist für alle und jedermann sichtbar. Hierzu braucht es Mut. Gute Redner haben in der Regel auch viele Zuhörer, die nicht nur zuhören, sondern sich an der Debatte beteiligen. Der Speakers Corner ist eine gute Gelegenheit sich in der freien Rede und der Rhetorik zu schulen.

Freie Meinungsäußerung versus Hass und Hetze

Grundsätzlich darf in Großbritannien jeder seine Meinung äußern, solange nicht zu Gewalt und Hass aufgerufen wird. In Deutschland ist die Redefreiheit ebenfalls geschützt und im Grundgesetz (GG) verankert. Ausgenommen sind Reden, die zu Hass und Gewalt aufrufen. Verstößt ein Speaker in seiner Rede gegen diese Vorgaben, kann die Polizei gerufen werden und der Redner muss seine Rede beenden. In den vergangenen Jahren ist der Speakers Corner im Londoner Hyde Park durch religiöse Hassprediger in die Schlagzeilen geraten.

Die freie Meinungsäußerung endet, wenn zu Hass und Gewalt aufgerufen wird. Wer Hass und Hetze verbreitet begeht eine Straftat und kann mit einer Geld- bzw. Gefängnisstrafe bestraft werden. In der digitalen Welt geschieht oftmals nichts. Die Verbreitung von Gewalt ist durch die sozialen Plattformen um ein Vielfaches einfacher geworden. Darüber hinaus kann sich jeder hinter einem Pseudonym/Fake-Account verstecken. Die sozialen Medien wie auch ein öffentlich begehbarer Speakers Corner (in London oder anderswo) verlieren durch die Verbreitung von Hass und Hetze ihre Reputation.  

Speakers Corner und die Kunst der Rhetorik

Wer als Redner am Speakers Corner über ein Thema sprechen möchte, dass nicht mit Hass und Hetze in Verbindung steht, sollte im besten Fall die Kunst der Rhetorik beherrschen. Zumindest dann, wenn man möchte, dass die Vorbeigehenden einem zuhören. Als eine wichtige Kommunikationsform ist die freie Rede, auch als die Königsdisziplin der Kommunikation bezeichnet. Generell ist die freie Rede nach bestimmten Prinzipien aufgebaut:

  • Der Schwerpunkt liegt auf dem Wesentlichen
  • Hauptsätze werden bevorzugt. Verschachtelte Sätze sollten vermieden werden.
  • Blickkontakt mit den Zuhörern suchen
  • Die eigenen Emotionen werden durch Mimik und Gestik verstärkt

In Deutschland gibt es seit einigen Jahren in vielen Städten ähnliche Formen des Londoner Speakers Corner. In Städten wie Köln, Lüneburg, Münster oder Essen können in öffentlichen Parks Menschen ihre Meinung an dafür vorgesehenen Standorten kundtun. Die Nachfrage fällt allerdings verhalten aus.

Dieser Beitrag wurde von Sandra Wegener verfasst.